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Kommentar
Falsches Signal am falschen Platz
1. Mai 1999
Wirtschaft
Öko-Steuer folgenlos?
Verbraucherschutz
US-Hormonfleisch in die EG?
Bürokratie
Abrechnung aus dem letzten Jahrhundert
Entwicklungshilfe
Las Laguneritas
Ocoa in Zahlen
Motorsport
Düssel-Ducks auf Himmelfahrt
Musik
Konzerte
Plattenkritik
Leserbrief
Zitate des Monats
Das Letzte
Erst Bomben, dann Blockade

Die KundInnenzeitung der Gemüsekiste

Nr. 27, Mai 1999

Kommentar

Falsches Signal am falschen Platz

Es gibt Ereignisse, die muss mensch erstmal selbst erlebt haben, um sie ausreichend würdigen zu könen: Einige Autoladungen PolizistInnen stürmen knüppelschwingend eine Menschenmenge, ohne dass ein Grund dafür zu erkennen ist.

So geschehen am 1. Mai im Hofgarten. Und das ganze nur, um die Personalien zweier Menschen festzustellen, die sie nach den Erfahrungen der letzten Jahre auch so bekommen hätten.

Die beiden sollen PKK-Fahnen gezeigt haben. Die Beurteilung der Schwere solch einer Tat überlasse ich anderen. In keinem Fall aber rechtfertigt es das überzogene, brutale Vorgehen der Polizei.

Hier wurde die über hundertjährige Tradition der Maifeiern missbraucht, um zu zeigen, dass die Polizei nach den vermeintlichen oder tatsächlichen Pannen bei der Besetzung der griechischen Botschaft wieder in jeder Situation Herr der Lage ist.

Ob dies gelungen ist, werden wir sehen. Härte aber ausgerechnet auf der seit Menschengedenken friedlichen Maikundgebung vorzuführen, war eindeutig das falsche politische Signal.

Am Stand des VVN konnte ein alter Antifaschist nicht genau sagen, wann es zum letzten Mal einen gewaltsamen Polizeieinsatz auf einer Düsseldorfer Mai-Kundgebung gegeben habe. Er vermutete, dass müsse 1933 gewesen sein.

1. Mai 1999

Polizei stürmt Mai-Kundgebung zur Feststellung von Personalien

Bei dem Versuch, die Personalien zweier Kurden aufzunehmen, die beschuldigt werden, PKK-Symbole gezeigt zu haben, haben zwei Hundertschaften der Polizei auf der Düsseldorfer Maikundgebung eine massive Auseinandersetzung ausgelöst.

Die Polizei-Präsenz bei dem Demonstrationszug war auffallend hoch. Dies löste allgemeine Verwunderung aus, da die Maikundgebung in Düsseldorf seit Jahrzehnten absolut friedlich verläuft.

Die OrganisatorInnen vom DGB sorgten für einen verstärkten Einsatz von Ordnern an der einzigen Stelle, gegen die sich ein Einsatz der Polizei hätte richten können: Den KurdInnen. Während des Demonstrationszuges versuchten PKK-Anhaenger wiederholt, PKK-Fahnen zu schwenken, wurden aber von kurdischen Ordnern und DGB-Ordnern meistens daran gehindert. Dieses Ritual ist in Düsseldorf am 1. Mai üblich und hatte noch nie besondere Folgen.

Foto: Polizei stürmt Maikundgebung

Als der Demonstrationszug zum Kulturfest in den Hofgarten einbog, drangen massive Polizeikräfte gewaltsam in den Zug ein. Wie später erklärt wurde, wollten sie die Personalien von zwei kurdischen Teilnehmern.

Laut Aussagen der Polizei hat sich ein Mann bei einem Sturz verletzt. Andere Aussagen zählten 2-3 Verletzte durch die unangebrachte Härte der Polizei. Auch Unbeteiligte erlitten kleinere Blessuren,

Zahlreiche Anwesende gingen zwischen die knüppelschwingenden PolizistInnen und die Kurdinnen und sorgten mit Rufen wie "Ruhe!" und "Keine Gewalt!" auffallend schnell für ein Ende der Ausschreitung.

Der eine verletzte Teilnehmer war einer der Ordner im Demonstrationszug (Siehe "Die kennen mich doch alle"). Nach Augenzeugenberichten lag er bereits verletzt am Boden, als noch weiter auf ihn eingeprügelt wurde.

Andere Augenzeugen sagen, es habe mehrere Minuten gedauert, bis ärztliche Hilfe für den Verletzten eingetroffen sei. Ein Augenzeuge sagte, er sei fünfzehn Jahre Polizist gewesen, und habe u.a. die Einsätze in Frankfurt bei der Startbahn West mitgemacht. So etwas habe er nie erlebt.

Foto: Günter Karen-Jungen im Gespräch mit Polizeibeamten

Die DGB-Kreisvorsitzende Hanna Paul-Calm sagte in einer ersten Stellungnahme, der DGB sei hier für die Demonstration von Härte "missbraucht" worden. Der DGB werde mit allen erreichbaren Augenzeugen die Situation beraten, und entscheiden, ob eine Dienstaufsichtsbeschwerde angestrengt werde.

Die "Express" vom 3. Mai zitiert einen Polizeibeamten: "Wir werden hier reingeschickt, weil sich unsere Chefs nach dem Fiasko bei der Besetzung des griechischen Konsulats und der Minister-Schelte keine Blösse mehr geben wollen - für mich eine unverhältnissmässige Reaktion am falschen Ort."

"Die kennen mich doch alle!
Die wussten doch, dass ich die Fahnen hatte!"

Ibrahim Öner, genannt Ibo, ist einer der Aktivisten vom Medya-Kulturzentrum e.V. in Bilk. Er fungiert bei Veranstaltungen oft als Ordner und Vermittler und ist vielen Polizisten von verschiedenen Einsätzen persönlich bekannt.

Seine Erzählung weicht erheblich von der offiziellen Darstellung ab: Nachdem die Polizei während der Maikundgebung gegenüber ihm und den DGB-Ordnern erklärt hatte, dass sie das Zeigen von PKK-Symbolen diesmal nicht dulden wollten, sammelte Ibo diese ein. Er informierte die Polizisten darueber, dass er sie jetzt unter Verschluss habe.

Am Hofgarten bemerkte er den Aufmarsch behelmter Polizisten. Einer schaute suchend durch den kurdischen Block. Ibo fragte ihn, wen er suche, und bot ihm an, den Gesuchten zu ihm zu bringen. Als Antwort wurde ihm gesagt, dass würde die Polizei schon selber machen.

Dann begann der Einsatz. Ein Mensch mit Holzbein und gelähmten Arm, der ein Kind aus der Gefahrenzone schaffen wollte, erhielt einen Faustschlag ins Gesicht, fiel gegen ein Sanitätsfahrzeug und brach zusammen.

Ibo versuchte immer noch, die Angelegenheit friedlich zu regeln. Als er versuchte, die PolizistInnen zurückzuhalten, wurde er verprügelt, und auf die Polizeiwache gebracht. Er bekam die PKK-Fahnen abgenommen und wurde erkennungsdienstlich behandelt, obwohl seine Personalien bestens bekannt sind. Er erwartet eine Anzeige. Ibo weiss von zwei weiteren Verletzten. Einer war Stunden später nochmal auf der Veranstaltung; ein Solinger Kurde soll noch am Abend im Krankenhaus gelegen haben.

Ibos Erzählung deckt sich mit den Erlebnissen des ehemaligen DGB-Vorsitzenden Sarge aus Hilden. Er ging im Zug in der Nähe der KurdInnen. "Da war gar nix!" Sarge sah, wie derjenige junge Mann, der die ganze Zeit für Ordnung sorgte, verprügelt und festgenommen wurde. "Der hatte wirklich nix gemacht! Der hat doch die ganze Zeit für Ruhe gesorgt."

Neue Polizeitaktik?

Die NRZ vom 3. Mai zitiert den Sprecher der Düsseldofer Polizei, Ulrich Rungwerth, während der Einsatzes sei ein Mann verletzt worden, aber nicht durch die Polizei. Die Express druckt am gleichen Tag ein Foto von einem am Boden liegenden Menschen (lt. Bildunterschrift verletzt), auf dem ein Polizist kniet.

Auch unsere Recherchen ergaben mindestens drei Verletzte. Darauf angesprochen, antwortete Rungwerth: "Wie schön fuer Sie!" Ihm lägen dazu keine "neuen Erkenntnisse" vor. Weitere Pressemitteilungen zu diesem Einsatz gäbe es nicht. So bleibt die Frage, wer eigentlich der einzige polizeibekannte Verletzte war, der aber nicht durch Polizisten verletzt wurde.

In Düsseldorf verlaufen auch andere Demonstrationen fast ausschliesslich friedlich, weil hier seit Jahren die sogenannte "Düsseldorfer Linie" praktiziert wird. Es wird geduldet, was so eben noch geduldet werden kann, solange die Veranstalter in der Lage sind, für Gewaltfreiheit zu sorgen.

Es kam schon die Frage auf, ob dies seit dem 1. Mai nicht mehr gälte. Dies wurde von Menschen, die es wissen müssen, eindeutig verneint. Die "Düsseldorfer Linie" werde weiter praktiziert.

Wirtschaft

Öko-Steuer-Reform folgenlos?

Der Spiegel zitierte interessante Details aus einem Schreiben des BASF-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Stube an Koalitionsabgeordnete. "Durch Änderungen im parlamentarischen Prozess", schreibt Stube, sei "die Mehrbelastung der BASF AG von ursprünglich 131 Millionen über 34 Millionen auf aktuell 15,6 Millionen Mark jährlich" gesenkt worden. Die Senkung des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung zu führe zu einer weiteren Entlastung von 13 Millionen Mark."

Der BASF-Konzern machte 1998 56 Milliarden Mark Umsatz. Die "Öko-Steuer-Reform" kostet ihn jetzt nur noch 2,6 Millionen Mark im Jahr. Laut Spiegel weiss Strube das zu würdigen: "Wir sind allen Beteiligten dankbar."

Verbraucherschutz

US-Hormonfleisch doch in die EG?

link: greenpeace Im Handelsstreit um Hormonfleisch aus USA und Kanada will die EU offensichtlich nachgeben. Der Rat hat beschlossen, den Streit vorerst durch Ausgleichszahlungen an die beiden Länder zu lösen, bis die EU die gesundheitlichen Risiken der in der Rindermast eingesetzten Hormone wissenschaftlich nachweist.

Gleichzeitig will die EU aber mit den Nordamerikanern über eine Kennzeichnungspflicht für Hormonfleisch verhandeln. Diese Kennzeichnung träte in Kraft, wenn die EU den wissenschaftlichen Beweis über die Risiken des Hormonfleisches nicht erbringen kann. Greenpeace lehnt die Kennzeichnung strikt ab: "Das ist keine Lösung. Man sieht der Bulette in der Kantine und dem Steak im Restaurant nicht an, woher sie stammen." Hormonfleisch gehöre nicht nach Europa.

Inzwischen mehren sich die wissenschaftlichen Belege über die Risiken, die mit dem Hormonfleisch verbunden sind. Die USA und Kanada argumentieren, ein Gesundheitsrisiko sei nicht erwiesen. Das Importverbot behindere den Handel. Die Welthandelsorganisation (WTO) forderte die EU auf, bis zum 13. Mai 1999 eine Abschätzung der Risikofolgen durchzuführen. Andernfalls sei das Importverbot unzulässig. Im Streit um das Hormonfleisch geht es um mehr als gesundes Fleisch. Es geht um die Gewichtung zwischen vorsorgendem Gesundheitsschutz und schrankenlosem Handel.

Bürokratie

Abrechnung aus dem letzten Jahrhundert

Eine besonders orignelle Methode, städtische Kassen aufzubessern, wird aus Wuppertal gemeldet. Die Stadt verschickt Rechnungen für Erschliessungskosten an 104 Anwohner einer Strasse, die vor 76 Jahren gebaut wurde.

Nach Auffassung die Stadt kann die Erschliessung erst nach Fertigstellung der Strasse in Rechnung gestellt werden. Dies sei jetzt soweit. Die Verjährungsfrist beginne erst mit Erhebung des "vorläufigen Erschliessungsbeitrags". Es geht um gut eine Million Mark. Die Anwohner klagen.

Immerhin: Die Summe enthält die Gebühr für Gaslaternen von 1922. Seit 1978 wird allerdings elektrisch beleuchtet. Die Stadt Wuppertal plant eine noch schönere Abrechnung: Einen Kanal aus dem Jahr 1876.

Dominikanische Republik

Entwicklungshilfe vor Ort: Las Laguneritas

"OK. Ich komme am Montag zu Euch. Aber damit das klar ist: Wenn Eure Frauen wieder nicht dabei sind, fahre ich sofort wieder." Mit diesen markigen Worten bekräftigt Petra Schnadt, Organisations-Beraterin der GTZ in San Jose de Ocoa, die Verabredung mit den Bewohnern von Las Lagunerita, einem Dorf in der Nähe. Sie lächelt zwar dabei, aber der Alcalde (Bürgermeister) versteht, dass sie es ernst meint. Er nickt bedächtig und verabschiedet sich.

Diese Haltung hat Petra Schnadt den Respekt der Dörfler und die Anerkennung der Frauen eingebracht. "Das ist hier eine Macho-Gesellschaft", sagt sie, "Dagegen muss ich täglich ankämpfen. Was hilft es denn, wenn ich mit den Männern die dollsten Massnahmen entwickle und finanziere, wenn die hinterher nicht funktionieren, weil die Situation der Frauen nicht berücksichtigt wurde?"

Die Diplomvolkswirtin hat sich schon vor Jahren auf den Agrar-Bereich spezialisiert. 1997 kam sie nach Ocoa und bezog ihr Büro im ADESCO-Haus.

Sie legt auch gesteigerten Wert auf Förderung der Eigeninitiative. "Mit einer zerstrittenen Dorfgemeinschaft kann ich nichts erreichen. Wenn die sich aber zusammensetzen, ihre Situation analysieren, und mir erklären, was sie machen wollen, und was sie dafür brauchen, da kann ich ansetzen."

Infrastrukturmassnahmen wie Wasserleitungen werden bezuschusst, Investitionen in Betriebsmittel mit Krediten finanziert. "Die Kombination Kredit und Beratung ist die erfolgreichste Komponente bei unserer Arbeit."

Wie wird denn der Erfolg der Entwicklungshilfe gemessen? In km Strasse, in der Steigerung des Durchschnittseinkommens? "Das sind alles Zahlen, die wenig ueber die Nachhaltigkeit der Massnahmen aussagen. Was passiert denn, wenn die Berater, die Organisationen, nach Abschluss der Projekte gehen?" fragt Petra Schnadt zurück. "Ich bewerte meine Arbeit als erfolgreich, wenn die Dorfbewohner lernen, ihre Situation realisvisch einzuschätzen. Wenn sie kleine Projekte in ihrem System, ihrem Dorf, eigenständig planen und durchführen."

Solche Projekte fördert Petra Schnadt am liebsten, weil sie weiss, dass diese nicht nur kurzfristigem Denken entspringen, und sich auch veränderten Marktbedingungen anpassen können.

Nun ist doch San Jose de Ocoa ein Musterbeispiel für jahrzehntelange Entwicklungshilfe mit Beteiligung der Bevölkerung. Warum ist die Situation denn immer noch so schwierig?

Petra Schnadt nennt gleich mehrere Gründe: "Es gibt Sachen, auf die hat Entwicklungshilfe nun wirklich keinen Einfluss. Wenn das in jahrelanger Arbeit aufgebaute Wasserleitungssystem nach einem Hurricane zu 50% schlicht im Meer landet, da fängst Du in dem Punkt wieder bei Null an."

Auch die Besitzverhältnisse beim Ackerland hemmen die Entwicklung. Nach Ende der Trujillo-Diktatur und fem Niedergang der staatlichen Zuckerindustrie in den 60ern wurde eine Landreform beschlossen, die die Flächen der riesigen Zuckerrohrplantagen unter den Kleinbauern verteilen sollte.

Die Umsetzung ist bis heute nicht abgeschlossen. So sind viele gute, brachliegende Ackerflächen den Bauern entweder nicht zugänglich, oder sie haben keinen gesicherten Besitztitel dafuer, bekommen also auch keine Kredite für deren Bewirtschaftung.

"Ausserdem", zählt Petra Schnadt weiter auf, "wird hier immer noch viel zu viel angefangen. Die hohe Spezialisierung der Berater verhindert oft langfristige Entwicklung. Wenn ein kompetenter Agrarberater, der die Ackerflächen und Kulturen sehr gut beurteilen kann, den Bauern sagt, pflanzt dies oder nicht, spritzt dies oder nicht, dann machen die das eben oder nicht."

Petra Schnadt verbindet drei Ebenen: "Einmal ist da die Produktions-Ebene. Wieviel Land in welcher Qualität hat der Bauer wo? Dann gibt es die Haushaltsebene. Wie gross ist die Familie? Welche Einkommensquellen hat sie? Viele arbeiten zusätzlich woanders. Und ausserdem, ganz wichtig, die Dorf-Ebene. Welche Strukturen der Zusammenarbeit sind denn vorhanden?"

Im Bezirk gab es mal einen Berater, der entwickelte einen Muster-Betrieb, wie er hier funktionieren sollte. Der sah nur den Acker, und sonst nix. Der Betrieb war auch mustergütig. Bis der Berater wieder ging. Jetzt ist der Betrieb verwaist.

Was Petra Schnadt mit der Einbeziehung dieser drei Ebenen meint, wird beim Besuch von Las Lagunarita deutlich. Routiniert, fast nebenbei, lenkt sie ihr Allrad-Auto über einen vom tropischen Regenguss frisch verschlammten Weg, der bei uns unter die Kategorie "wenig benutzter, ungepflegter Feldweg" fiele.

Ein paar Kilometer weiter liegen einige Hütten und Steinhäuser in der Landschaft verstreut. Das ist das Dorf. Auf freiem Acker sind ein paar dünne Baumstämme in die Erde gerammt, darauf ein Dachlattensystem, mit Wellblech gedeckt. Keine Wände. Daneben weht die Dominikanische Flagge. Das ist die Schule.

Ein Dutzend Bauern, ein Rudel Kinder und immerhin drei Frauen erwarten uns. Die Stühle der Schule, an denen kleine Schreibflächen befestigt sind, stehen im Kreis. Petra Schnadt begrüsst die Dorfversammlung. Ricardo, einheimischer Berater, berühmt-berüchtigt ob seines Humors, sorgt fuer die ersten Lacher. Die Lehrerin sagt noch ein paar Worte, dann geht's los:

"So! Jetzt machen wur erst einmal eine Karte vom Dorf!" sagt Petra Schnadt. Die lärmende Kinderschar wird mit Steine- und Blättersammeln beschaeftigt. Petra Schnadt drückt jemandem einen Stock in die Hand, er soll auf der Erde die Wege im Dorf aufzeichnen. Das klappt nicht. Ein anderer nimmt den Stock. Im dritten Anlauf entsteht der erste "Stadtplan" in der Geschichte des Dorfes.

Plötzlich sind alle Dörfler eifrig bei der Sache. Sie korrigieren noch hier und da, die Wege werden mit Sägemehl markiert. Petra Schnadt verteilt Pappschilder und fordert die Leute auf, ihren Namen draufzuschreiben und die Schilder an ihrem Wohnort auf dem Plan aufzustellen.

Das macht die Sache noch interessanter: Diejenigen, die schreiben können, haben die Chance, es vorzuführen. Petra Schnadt grinst: "So kriege ich schnell die Alphabetisierungsrate heraus."

Die Kinder stützen die Pappschilder mit Steinen. "Wer hat denn hier wieviel Land und wo?" fragt Petra Schnadt. Mit Blättern werden die Felder markiert, auf Schildchen stehtdie Fläche.

"Und welche Landbesitzer wohnen nicht hier?" Es zeigt sich das übliche Bild: Die meisten Einwohner wirtschaften auf lächerlich kleinen Flächen. Aber mittendrin im Dorf liegen etwa 5 ha bester Boden, der Besitzer wohnt in der Hauptstadt, keiner kennt ihn. Das Land liegt brach. Laut Gesetz muss es eingezäunt sein, was zur Folge hat, dass alle umständlich drumherumlaufen müssen, um zum anderen Ende des Dorfes zu kommen.

Weitere Fragen, weitere Kärtchen. Inzwischen sind fast alle Dorfbewohner eingetrudelt. Alle finden ihre Karte sehr spannend und machen intensiv mit. Es stellt sich heraus: Es gibt erheblich weniger Analphabeten als im Bezirksdurchschnitt, aber auch deutlich weniger Latrinen als üblich. Das Dorf hat ein sehr gutes Bewässerungssystem für die Felder, aber nur drei Wasserhähne für Trinkwasser. "Das bedeutet täglich etwa eine Stunde Kanisterschleppen für die Frauen." erklärt Petra Schnadt.

Sie fotografiert die Karte. Ricardo und die Lehrerin machen Notizen. Die Dörfler stehen im Kreis und bewundern ihr Werk. Zwei Stunden sind vergangen. In dieser Zeit entstanden die ersten Überlegungen, was eigentlich getan werden muss, um hier so etwas wie Entwicklung in Gang zu setzen.

Die Dörfler werden Prioritäten setzen und Kommissionen bilden. Die Frauen werden ihre Männer unter Druck setzen. Es wird lange diskutiert werden, wer wann wem wobei helfen wird. Vermarktungsmöglichkeiten sind zu prüfen.

Gemeinsam werden dann irgendwann Förderanträge formuliert, begründet und bei der ADESJO vergetragen werden.

Der geneigten Leserschaft sei empfohlen, sich den Dorfnamen "Las Laguneritas" zu merken. Dass die Gemüsekiste den Bau einer Schule aus Stein wieder mit einer Sammlung unterstützen wird, ist sicher.


Dominikanische Republik

Einwohner
Stadt San Jose de Ocoa25.000
Bezirk Ocoa75.000
Rahmendaten
Arbeitslosigkeit30%
Analphabeten60%
Bevölkerungs-Wachstum2,5%

Region Ocoa in Zahlen

38% der Einwohner sind unter 15 Jahre alt. Die grosse Mehrheit der Menschen betreibt Landwirtschaft, teils als Haupt- teils als Nebengewerbe.

Die Landverteilung ist eine Folge unklarer oder historischer Besitzverhältnisse. 1,7% der Landbesitzer verfügen über 52% der Anbaufläche, oft beste, aber brachliegende Böden in guten Lagen. Auf der anderen Seite teilen sich 63,5% der Bauern 7,8% des Landes.


Ausgabe 11/1998: Notruf aus der Karibik
Ausgabe 11/1998: Spendenaufruf
Ausgabe 01/1999: Reisebericht der Familie Otto
Ausgabe 04/1999: Ergebnis der Spendenaktion
Links und infos zum Thema Dominikanische Republik auf www.gemuesekiste-bilk.de
samana.com, Dominikanische Suchmaschine

Motorsport

Düssel-Ducks auf Himmelfahrt

 Link: Duessel-Ducks Das lange Himmelfahrts-Wochenende nehmen die Düssel Ducks zum Anlass, zu einer Fernrallye für Enten einzuladen. Freitag früh soll es in die Eifel gehen. Ab Blankenheim beginnt eine 100 km lange Suchfahrt-Strecke. Wie bei Düssel Ducks üblich, wird sie den Teilnehmern eine himmlische Landschaft und teuflisch komplizierte Fangfragen bieten. Auch die Sonderprüfungen haben immer hohen Unterhaltungswert.

Das Ziel ist eine Grillhütte im Kyllburger Wald mit Übernachtungsmöglichkeiten in der Ente oder im mitgebrachten Zelt. Nach der Siegerehrung droht eine Enten-Piloten-typische lange Nacht...

Am Samstag folgt ab 16:00 Uhr ein Besuch des 3-Stunden-Entenrennens auf dem Nürburgring. Danach geht es auf die Heimreise.

Bericht von der Suchfahrt

Musik

Dreitagerennen

No Bounds + support

spielen am Samstag, den 29. um 21:30 Uhr in der Blende. Eintritt DM 5,00. Die Zeitschrift "Insider" schreibt treffend über sie: "Das Wechselspiel zwischen harten Tönen und lieblichverspielten Zwischenstücken kam auch beim Publikum scheinbar am besten an. Die Ratinger von No Bounds bilden eine Gruppe von Musikern (Beeindruckend: Sängerin Michele Keller), die absolut ihren eigenen Weg geht. Kein Stil, keine musikalische Richtung würde eindeutig das treffen, was die fünf akustisch bieten."

Funk meets Rock

Die AGB präsentiert am Freitag, den 28. im Bügerhaus Bilk eine Mischung der Kölner und Düsseldorfer Scene: Die Kölner Band Safesurfer trifft auf die Düsseldofer Park 5.75. Ausserdem tritt die gemischte Formation Seven Trumpets aus. Daraus ergibt sich ein weiteres Thema: "Funk meets Rock". Ab 20:00 Uhr, Eintritt frei.

Dreitagerennen

Kaum jemand erinnert sich daran, dass die erste PopKomm in ZAKK in Düsseldorf stattfand. An diesem Projekt schien in Düsseldorf kein weiteres Interesse zu bestehen. Unter den viel besseren Rahmenbedingungen in Köln wuchs die PopKomm zu einem Spektakel mit zuletzt zwei Millionen BesucherInnen. Vielleicht erlebt das Dreitagerennen irgendwann eine ähnliche Entwicklung...

Plattenkritik

Bill Laswell's Sacred Systems: Nagual site

Produzent und Bassist Bill Laswell hat den Weg aus den finsteren Dub und Ambienthöhlen gefunden und ist mit den alten Mitstreitern Bernie Worrell, Jah Wobble, glanzvoll verstärkt durch die wieselflinken Finger von Tabla-Spieler Zakir Hussain, mellow untermalt von Dave Liebman's softem Saxophonspiel, ans Sonnenlicht getreten.

Bill's Befruchtungspraktiken verschmelzen wie immer fernöstliche Rhythmen mit aus der Tiefe wabernden Dub-Bässen (bindet eure Boxen fest!). Das ganze nochmals vorsichtig umgerührt, und fertig ist das Meisterwerk.

Nobby

Leserbrief

betr.: Nr. 26, 04/99 Bomben ohne Wirkung

Ich habe selten eine so ausgewogene Meinung zum (Kosovo-)Krieg gelesen. Anfang der Achtziger, zu Zeiten der grossen Friedensbewegung war es noch einfach seinen "Feind" auszumachen. Die Verhältnisse sind komplizierter geworden. Dennoch hätte ich mir bundesweit ein bisschen mehr "Einmischung" der Intellektuellen der Liedermacher (auf der Ebene der Kunst) gewünscht. Allen voran auch von Hannes Wader ("Der Sänger des Traums vom Frieden", Die ZEIT).

Günter Schullenberg

Zitate des Monats

Unter 100 Talenten ist höchstens eine Frau.
Rudi Carrell im TV TODAY-Interview über die Qualität von Comedy-Frauen und deutscher TV-Unterhaltung

Der Biergarten am Viktualienmarkt ist nach mehreren Unfällen totalgesperrt. Ortskundige Trinker bitten wir, ihr Bier zu Hause zu lassen und die städtischen Trinkerheilanstalten aufzusuchen.
Bayrischer Verkehrsfunk, zitiert von Christian Bähr in der Logo-Mailbox

Für den einen ist es Windows 95. Für den andern der wahrscheinlich hartnäckigste Virus der Welt.
Anonymus, zitiert von Jochen Sander in der Domino-Mailbox

Genschers Ohren
Kosewort für das Zeichen "@"
Petra Schnadt, San Jose de Ocoa (DR)

Das Letzte

Erst Bomben, dann Blockade: Falsche Reihenfolge?

Ja, darf es denn wahr sein? Da haben hochbezahlte Militärstrategen und Politiker mit umstrittenen Begründungen begonnen, mitten in Europa ein Land durch Bomben und Raketen umzuplügen. Nach ein paar Wochen merken sie, dass es nicht reicht, die Raffinerien und Öl-Vorrats-Tanks zu bombardieren, nein, auch der Nachschub von aussen muss abgeschnitten werden! Jetzt - mensch bedenke! - erst jetzt beginnt eine Blockade, in der Adria und an den Grenzen zu Jugoslawien den Sprit-Schmuggel zu unterbinden!

Es braucht keine Kenntnisse in Völkerrecht oder UNO-Regelwerken, um festzustellen, dass hier wohl irgendwer irgendwo eine Prioritätenliste gut gemischt hat! Diese Aufgabe hätte die NATO mit oder UNO wohl bequem vor dem Verfeuern ihres gesamten Vorrates an Marschflugkörpern übernehmen können.

Die zivilen Opfer einer solchen Massnahme wären eindeutig geringer gewesen. Auch die Frage, vor dem die Kosovaner mehr Angst haben, vor serbischem (Para-)Militär, oder vor NATO-Fliegern, wäre auch einfacher zu beantworten.

Das Tempo, mit dem sich Politik und Diplomatie von den Militär-Planern überrollen liessen, ist das Letzte!